Bedrohung oder Innovationstreiber? Künstliche Intelligenz in der Übersetzungsbranche

Künstliche Intelligenz (KI) ist eine der wichtigsten und gleichzeitig eine der am meisten missverstandenen Technologien der Gegenwart. Obwohl die smarte Technik bereits Millionen von Menschen im Alltag unterstützt, wird die Diskussion von Schreckensszenarien bestimmt. Besonders betroffen scheint die Übersetzungsindustrie, denn dank kostenloser Übersetzungshilfe wird ein baldiger Verfall des linguistischen Handwerks prophezeit.

Physiker Stephen Hawking und Unternehmer Elon Musk waren sich einig: künstliche Intelligenz ist eine Gefahr für die Weltgemeinschaft! Beide prognostizierten, dass die Technologie invasive Überwachung, tödliche Waffen und die Verbreitung von Fehlinformationen stärken werden. Doch eines ist sicher: die Technologien machen unser Leben einfacher und bequemer.

Politik und Wirtschaft setzen große Hoffnungen in den Markt für Automatisierung und maschinelles Lernen. Die deutsche Bundesregierung will bis 2025 mehr als drei Milliarden Euro in KI-Forschungen stecken, um das Land zu „einem weltweit führenden KI-Standort“ zu machen. Neben der hiesigen Automobilindustrie und dem Ausbau des autonomen Fahrens soll auch der Mittelstand in Deutschland von der finanziellen Förderung profitieren. Auf dem internationalen Wirtschaftsparkett ist man genauso optimistisch. Mithilfe der selbstlernenden Algorithmen soll die Aktienauswahl von Fonds schon bald automatisch gesteuert werden. Von dieser einzigartigen Prognose-Kompetenz profitiert aber nicht nur der Finanzmarkt, sondern auch die Lifesciences-Industrie. Neben dem verstärkten Einsatz in der Krebsforschung, unterstützt KI auch bei schwierigen, chirurgischen Eingriffen am Patienten.

Erkennbar wird der Einfluss der künstlichen Intelligenz auch in der Übersetzungsindustrie. Seitdem der amerikanische Tech-Gigant IBM im Jahr 1954 erstmalig maschinelle Übersetzung (Machine Translation – MT) der Öffentlichkeit zugänglich machte, hat sich die MT-Technologie enorm verbessert. Die Technik hat die Branche nicht nur saniert, sondern wird das Berufsbild des Übersetzers nachhaltig ändern. Zu den neuesten Produkten im Bereich Computerlinguistik zählt die „neuronale maschinelle Übersetzung“ (NMT) – ein sogenanntes Deep-Learning-System. Das zu Deutsch „tiefgreifende Lernen“ gehört zum Teilbereich der KI-Forschung und basiert auf Mustererkennung. Vergleichbar ist das System mit dem assoziativen Netzwerk im menschlichen Gehirn. Informationen werden in das System eingegeben und einem Netzwerk aus gespeicherten Daten ausgesetzt. Ähnliche oder passende Informationen werden anvisiert, aktiviert und zu einem mehr oder weniger logischen Endprodukt ausgegeben. Zu anderen Techniken der maschinellen Anwendungen gehören u. a. die regelbasierte (RB-MT) oder phrasenbasierte (PB-MT) Übersetzungen, die jedoch im Schein der NMT-Technologien zunehmend verblassen.

Das Motto „Alle Angaben ohne Gewähr“ gilt für alle Arten der MT-Übersetzung, denn Resultate weisen immer noch deutlichen Korrekturbedarf auf. Um professionelle Qualität zu erzielen, müssen die Texte zusätzlich lektoriert werden. Dies wird von den Übersetzern, den sogenannten Post-Editors übernommen. Die MT-Technik erweist sich bei der Übersetzung von technischen Dokumentationen und IT-Texten, die meistens kurze Sätze und klare Satzstrukturen beinhalten. Jedoch werden Werbetexte oder Literatur auch in Zukunft von den MT-Systemen kaum zu knacken sein, denn die auf Codes und Algorithmen basierenden Übersetzungsmaschinen sind nicht in der Lage, kulturelle Feinheiten menschlicher Sprachen zu erfassen. Deswegen werden sämtliche MT-Methoden von professionellen Übersetzungsdienstleistern nur „auf Nachfrage“ verwendet.

Sprachdienstleister bedienen sich aber längst anderer Technologien, die Mensch und Maschine miteinander harmonieren lässt – der sogenannten „Translation-Memory-Systeme“ bzw. „CAT-Tools“ (Computer-Assisted-Translation bzw. computergestützte Übersetzung). Hinter der Software verbirgt sich ein simples System aus „Translation Memories“ (TM) bzw. Übersetzungsspeichern, welches Wörter, Fachbegriffe und längere Textteile abspeichert und automatisch passende Wörter und Sätze während des Übersetzungsprozesses vorschlägt. Die Anwendungen sind aus der täglichen Arbeit von Übersetzungsbüros nicht mehr wegzudenken. Für Kunden bedeutet die Nutzung der CAT-Technik eine höhere Qualität, schnellere Bearbeitungszeit, sprachliche Kontinuität sowie garantierte Kostenvorteile.

Ein Unternehmen, das seit 2007 in professionelle Übersetzungsmanagement- und CAT-Systeme investiert, ist die B2B-Übersetzungsagentur Eurotradus aus Vilnius und Frankfurt am Main. Geschäftsführer Dainius Sabaliauskas sieht in der Nutzung dieser Technik eine Win-win-Situation für Kunden und Übersetzer: „Je mehr Wörter, Phrasen und Fachbegriffe sich im Ausgangstext doppeln und durch unsere Systeme gefunden werden können, desto geringer wird der Endpreis für unsere Kunden. Übersetzer können sich so auf das Wesentliche ihrer Arbeit konzentrieren und haben mehr Zeit für eine professionelle Reflexion.“ Die Agentur spezialisiert sich auf B2B-Kommunikation und Fachübersetzungen für die Absatzwirtschaft und technische Dokumentation, wie Bedienungsanleitungen, Handbücher oder Produktkataloge. Als Präsident des Verbandes der litauischen Übersetzungsbüros engagiert sich Sabaliauskas für den Einsatz von CAT-Systemen und kennt die skeptische Haltung von Experten, Kunden und freien Übersetzern gegenüber KI-Technologien. Er ist jedoch der Meinung, dass „Übersetzer niemals von Computern ersetzen werden können, doch Übersetzer, die nicht mit Technologien arbeiten, werden von denen ersetzt, die es tun.“

Susanne Krause
Business Development Manager bei EUROTRADUS
www.eurotradus.de

 

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